Kann man das eigentlich machen? Gestandenen Führungskräften, zumeist Akademikern mit X Jahren Berufserfahrung im AC einen kognitiven Leistungstest vorlegen? Ich meine: Man kann und man tut gut daran!
Unbestritten können Tests sehr zuverlässig und valide Informationen über die Ausprägung bestimmter intellektueller Fähigkeiten liefern. Und diese Informationen sind nicht nur bei der Auswahl von Azubis oder Trainees von Interesse, sondern eben auch dann, wenn es darum geht, Führungspositionen zu besetzen.
Natürlich sind andere Eignungsmerkmale, die sich vorzüglich mit verhaltensorientierten AC-Elementen erfassen lassen, ebenfalls von hoher Bedeutung, hinsichtlich kognitiver Fähigkeiten ist m.E. jedoch ein psychometrisches Testverfahren alternativen Instrumenten überlegen.
In der Regel wird weder das eine (Bedeutsamkeit der Information über intellektuelle Fähigkeiten) noch das andere (psychometrische Tests als Methode der Wahl zur Erfassung derselben) bestritten, sondern das zentrale Gegenargument lautet schlicht: “Man kann dieser Zielgruppe die Bearbeitung eines derartigen Tests nicht zumuten.” Dahinter steht die Befürchtung, die AC-Teilnehmer könnten gekränkt reagieren, das Verfahren als unangemessen empfinden und damit insgesamt ein schlechtes Bild über das Unternehmen gewinnen und nach außen transportieren.
Mit der Wahl eines geeigneten Testverfahrens, das im Hinblick auf die gestellten Anforderungen sehr nah an der Zielgruppe ist, kann diesen Befürchtungen wirksam begegnet werden. So geht es z.B. bei dem von ITB Consulting entwickelten “Wirtschaftscharts interpretieren” darum, sich anhand von Charts und kurzen Texten soweit mit einem wirtschaftlichen Sachverhalt vertraut zu machen, dass man im Anschluss beurteilen kann, ob sich bestimmte Aussagen über diesen Sachverhalt ableiten lassen oder nicht.
Mit ähnlichen Aufgaben werden Führungskräfte in Wirtschaftsunternehmen auch in ihrem Arbeitsalltag häufig konfrontiert: Oft müssen komprimiert präsentierte Informationen rasch aufgenommen, analysiert und bewertet werden, weil Entscheidungen zu treffen sind, die nicht auf die lange Bank geschoben werden können.
Das “Wirtschaftscharts interpretieren” als AC-Element bildet also eine Anforderungssituation ab, die von jedem Bearbeiter sofort als relevant erkannt wird.
Als weiteres Argument gegen die Zumutbarkeit von Tests für Manager wird manchmal ins Feld geführt, dass die Testsituation doch sehr an eine Prüfung in der Schule erinnere und damit die erfolgreiche Führungskraft wieder zum “Schüler” degradiere. Aus Erfahrung lässt sich entgegnen, dass die betroffenen Manager mit der Testsituation in der Regel kein Problem haben, sondern im Gegenteil meist sogar sportlichen Ehrgeiz entwickeln, so dass bisweilen auch in den Pausen noch einzelne Aufgaben lebhaft diskutiert werden.