Dass wir uns im „War for Talents“ befinden, ist sicherlich nichts Neues. Es ist eine allgemein bekannte Tatsache, dass die Konkurrenz um Talente groß ist und Unternehmen nicht immer die Bewerber bekommen, die sie gerne hätten: Den perfekten Kandidaten, der zu 100% auf eine offene Stelle passt – unabhängig davon, ob eine Stelle nun intern oder extern besetzt werden soll. Wer ist das aber eigentlich, dieser perfekte Kandidat? Gibt es diesen überhaupt? Und muss der perfekte Kandidat wirklich zu 100% passen?
Oft hat es sich in der Praxis erwiesen, dass das gar nicht nötig ist, sondern dass es viel mehr eine Person braucht, die bereit ist zu lernen und sich zu entwickeln. Die das nötige Potenzial mitbringt und nicht schon alle nötigen Kompetenzen.
Wie finde ich einen solchen Kandidaten?
Um das individuelle Entwicklungspotenzial eines Kandidaten zu erfassen, kommen gezielte diagnostische Instrumente ins Spiel, wie z. B. Potenzialanalysen oder Development Center. Solche Instrumente helfen dabei, die aktuelle oder zukünftige Rolle einer Person innerhalb eines Unternehmens zu analysieren. Der Blick richtet sich dabei auf die Stärken und Lernfelder, also auf das, was eine Person schon mitbringt, um in der angestrebten Rolle erfolgreich zu sein, genauso wie auf das, was noch zu lernen ist. Anders gesagt ermöglicht ein Development Center es also zu erfahren, wo eine Person eigentlich gerade steht und wo es für diese Person hingehen kann.
In der Summe verfolgen Development Center also immer das Ziel, die persönliche und berufliche Entwicklung zu fördern. Deswegen geht es bei einem solchen Verfahren auch nicht nur um die Diagnostik; neben konkreten und individuellen Entwicklungsempfehlungen sowie konkreten Tipps für die tägliche Arbeit steht das Bestärken der Selbstverantwortung für die berufliche Entwicklung im Vordergrund.
Wie kann man sich ein Development Center jetzt ganz konkret vorstellen?
Development Center beinhalten verschiedene realitätsnahe Elemente, die auf einen Teilnehmer bzw. eine Teilnehmergruppe zugeschnitten sind. Darunter fallen in der Regel Selbstpräsentationen, Interviews, Gesprächssituationen mit Mitarbeitern oder Kollegen, Projekt- oder Teammeetings, Fallstudien usw. Da die Lernerfahrung bei einem Development Center im Mittelpunkt steht, gibt es nach jeder Übung direktes, verhaltensnahes und bestenfalls multiperspektivisches Feedback. Die gesammelten Eindrücke und Beobachtungen werden dann am Ende des Verfahrens noch einmal gesammelt in einem Abschlussgespräch besprochen. Ergänzt werden kann die Lernerfahrung zudem durch integrierte Kurztrainings und Möglichkeiten zur Selbstreflexion (z. B. in Form von Coaching-Gesprächen, Lerntagebüchern oder Peer-Feedback).
Darüber hinaus spielt die Atmosphäre eine entscheidende Rolle. Um es den Teilnehmern eines Development Centers zu ermöglichen authentisch aufzutreten, braucht es eine Lernumgebung, in der man sich ausprobieren kann, in der es erlaubt ist, Fehler zu machen und die den regen Austausch fördert. Ein wertschätzender Umgang allein reicht dabei noch nicht. Die internen und externen Beobachter müssen durch ihre aktive Teilnahme als Coaches und Sparringspartner, durch ihre Expertise und ihr Feedback einen geeigneten Rahmen schaffen, der durch eine offene Kommunikation und absolute Transparenz abgerundet wird.
Hinzu kommt, dass man in entwicklungsorientierten Verfahren wie einem Development Center nicht durchfallen kann, d.h. eine Teilnahme verbaut einem Mitarbeiter keine Karrierechancen, sondern öffnet nur verschiedene Optionen und Wege für die Karriere. Ziel für die Teilnehmer sollte es daher immer sein, ihre bestmögliche Leistung zu zeigen, ihre Stärken herauszustellen und sich dabei authentisch und natürlich zu präsentieren. Eine Offenheit für Feedback zu den eigenen Stärken und Entwicklungsfeldern sowie die Motivation, sich weiterzuentwickeln, sind dabei wichtige Voraussetzungen, um die Möglichkeiten eines Development Centers auch voll ausschöpfen zu können.
Und was macht man mit dem Ergebnis?
Als Ergebnis eine Development Centers kann das abschließende Feedbackgespräch betrachtet werden. Es empfiehlt sich jedoch, eine zusätzliche schriftliche Dokumentation der Ergebnisse anzufertigen, die im Nachgang genutzt werden kann, um Nachbereitungsgespräche zu führen, Entwicklungspläne zu entwickeln und die Nachfolgeplanung anzugehen.
Das finale Resultat sollte dann ein individueller Entwicklungsplan sein, der auf die Bedürfnisse und Wünsche des Teilnehmers zugeschnitten ist – ohne dabei natürlich aus dem Blick zu verlieren, welche Qualifizierungen seitens des Unternehmens benötigt werden. Um Mitarbeiter im Arbeitsalltag tatsächlich erfolgreich zu entwickeln, reicht es nämlich nicht aus, sie in Standardtrainings zu schicken. Optimalerweise eröffnet man ihnen verschiedene Möglichkeiten, die Selbststudium und formales Lernen mit Learning on-the-job sowie Coaching oder Mentoring kombinieren. Für die individuelle Entwicklung und ein nachhaltiges Talent Management muss es dabei gewährleistet sein, dass vor allem ein Raum für das Lernen und die weitere Entwicklung geschaffen wird, in dem Mitarbeiter die Dinge gemeinsam mit ihrer Führungskraft und den Kollegen, mit HR und vor allem selbstverantwortlich vorantreiben.
Woran erkenne ich ein qualitativ hochwertiges Development Center?
Development Center sollten auf der Basis einer umfassenden Anforderungsanalyse entwickelt werden. Die eingesetzten Elemente sollten zudem wissenschaftlich fundiert sein und im Einklang mit der DIN 33430 stehen. Darüber hinaus stellen die Beobachter einen entscheidenden Faktor für den Erfolg und die Qualität dar. Ein Development Center sollte daher immer gemeinsam von Fach- und Führungskräften sowie geschulten Personalern oder Beratern durchgeführt werden. So gelingt es, die Anforderungen und Erfahrungen aus dem Arbeitsumfeld einer bestimmten Stelle oder eines bestimmten Bereichs mit der diagnostischen Expertise und dem Prozesswissen rund um ein Development Center zu kombinieren.
Wichtig ist zudem, dass die Übungen und auch die Expertise der Beobachter an das Erfahrungslevel der Teilnehmer angepasst sind. Die Übungen, die in einem Development Center erarbeitet werden, sollten machbar aber herausfordernd für die Zielgruppe sein. Die Beobachter hingegen sollten umfassende Erfahrungen für diese Aufgaben mitbringen, sodass sie zum einen versiertes Feedback geben können und zum anderen auch Hinweise darauf, was jemand noch tun kann, um an sich zu arbeiten oder die eigenen Stärken zielführender einzusetzen.
Was für Kandidaten kann ich mit einem Development Center identifizieren?
Ein Development Center ist vielfältig einsetzbar: Als Potenzialanalyse für Nachwuchs(führungs)kräfte, als Standortbestimmung für erfahrene Mitarbeiter oder auch ganz allgemein als Vorbereitung auf den nächsten Karriereschritt in der Laufbahn als Fachkraft, Führungskraft oder Projektmanager. Wann und in welcher Form ein Development Center eingesetzt wird, hängt dabei vom Ziel sowie auch von der Situation des Bewerbers ab – optimalerweise wird das Development Center genau darauf zugeschnitten. Das muss man allerdings nicht zwangsläufig bedeuten, dass man zwischen den verschiedenen, eher „klassischen“ Karriereoptionen unterscheidet; ein Development Center bietet auch die Möglichkeiten, unterschiedlich ausgerichtete Übungen miteinander zu kombinieren, um dann zu eruieren, was am besten zu einem Mitarbeiter passt – und was diesem am meisten Freude bereitet.
Wie war das mit dem perfekten Kandidaten?
Mit einem passend konzipierten und zielführend eingesetzten Development Center brauchen wir den perfekten Kandidaten nicht! Zumal sich Anforderungen und Kompetenzen in der heutigen Zeit schnell verändern und lebenslanges Lernen nicht erst seit der New Work-Bewegung zum Standard geworden ist. Umso wichtiger ist es, Instrumente zu etablieren, die dieses Lernen ermöglichen und Mitarbeiter in ihrem Lernen unterstützen. Ein Development Center ist also sowohl für Mitarbeiter als auch für Unternehmen eine große Chance. Und nebenbei auch noch gut für den Ruf, denn Unternehmen, die sich um die Weiterentwicklung ihrer Mitarbeiter kümmern und vielfältige Angebote zur Verfügung stellen, haben einen großen Vorteil beim Kampf um die Talente.