Die Bestandteile der Kompetenz
In der Personalarbeit versteht man unter einer Kompetenz ein Set von bewusst wiederholbaren Verhaltensweisen zur erfolgreichen Bewältigung bestimmter beruflicher Anforderungen bzw. Situationen.
Drei Bestandteile einer Kompetenz lassen sich unterscheiden: Fähigkeiten und Fertigkeiten, Wissen und Erfahrung sowie Werte und Haltungen. Der erste Bestandteil betrifft die Ausführungskompetenz, also konkrete Techniken und Methoden, um ein gewünschtes Verhalten wirklich realisieren zu können (z. B. Artikulationsvermögen). Wissen und Erfahrung zielt darauf ab, dass von einer Kompetenz erst dann gesprochen werden kann, wenn das zugehörige Verhalten auch tatsächlich schon einmal gezeigt wurde. Niemand käme auf die Idee, jemanden, der noch nie einen Vortrag gehalten hat, als kompetenten Redner zu bezeichnen – es braucht (zumindest eine) Erfahrung. Andernfalls würde man vielleicht von Potenzial sprechen. Werte und Haltungen schließlich markieren die Abhängigkeit von kulturellen Konventionen. Welches Verhalten als „erfolgreich“ gilt und damit vorrangig angestrebt wird, ist keinesfalls naturgegeben, sondern ist durch den relevanten Kulturraum, d. h. bestehende Werte und Normen, festgelegt. So fällt die kompetente Reaktion einer Führungskraft auf den Fehler eines Mitarbeiters je nach Kontinent oder je nach Unternehmensbranche sehr unterschiedlich aus.
Kompetenzen entwickeln sich auf der Grundlage von zeitstabilen und situationsübergreifenden Merkmalen einer Person. Hierzu gehören allgemeine kognitive Fähigkeiten und Persönlichkeitseigenschaften wie Extraversion oder Offenheit. Diese Personenmerkmale lassen sich als Ressourcen verstehen, die zudem eine Orientierungsfunktion haben. Sie bringen uns dazu, bestimmte Situationen bevorzugt aufzusuchen, bestimmte Verhaltensweisen häufiger als andere zu zeigen und bestimmte Erfolgsstrategien zur Problemlösung vermehrt anzuwenden. In der Auseinandersetzung mit diesen Situationen sammeln wir Erfahrungen, bilden Fertigkeiten aus und erwerben Wissen. Dabei wird der auf diese Weise stattfindende Erwerb von Kompetenzen durch situative Faktoren moderiert: Mit welchen Themen komme ich durch meine Tätigkeit in Kontakt? Mit welchen Herausforderungen bin ich konfrontiert? Welche Anreize beeinflussen mein Verhalten? Als Konsequenz bilden sich bestimmte Kompetenzen in unterschiedlicher Ausprägung aus, die dann wiederum im Arbeitsverhalten und in der Arbeitsleistung sichtbar werden.
Kompetenzen selbst sind nicht direkt beobachtbar, sondern manifestieren sich im Verhalten und (im beruflichen Kontext) in Leistungen. Dementsprechend erfolgt die Messung von Kompetenzen über den Weg der Verhaltensbeobachtung im Rahmen sogenannter simulationsorientierter Verfahren. Dabei versetzt man Personen in beruflich relevante, repräsentative Situationen und erfasst das zur Bewältigung gezeigte Verhalten. Als Gütekriterium für eine solche Kompetenzmessung fungiert die Inhaltsvalidität. Je repräsentativer die (z. B. in einem Assessment Center) hergestellte Situation für die berufliche Anforderung ist, desto höher fällt die Kontent- oder Inhaltsvalidität aus.
Literatur:
- Beermann, D. & Heilmann, K. (2014). Wie passen Kompetenzen und Persönlichkeitseigenschaften zusammen? Ein kompetenzorientierter Ansatz der Persönlichkeitsdiagnostik. Wirtschaftspsychologie, 1, S. 66-80.
- Paschen, M. & Fritz, A. (2014). Die Psychologie von Potenzial und Kompetenz. Neustadt an der Aisch: Verlagsdruckerei Schmidt.
- Sarges, W. (2002). Competencies statt Anforderungen – nur alter Wein in neuen Schläuchen? In H.-C. Riekhof (Hrsg.), Strategien der Personalentwicklung (5. Aufl.), S. 285-300. Wiesbaden: Springer.
- Woodruffe, C. (1993). What is meant by a competency? Leadership & Organization Development Journal, 14, S. 29-36.